Beidseitig kein Einzelfall: Ungläubige Blicke der Spieler, ob so mancher Entscheidung der Unparteiischen, die - auch das gehört bei aller Kritik zur Wahrheit dazu - auf das Endergebnis keinen Einfluss hatten.

Die Eintracht setzt das Saisonfinale in den Sand

Was für ein Finish in der 2. Handball-Bundesliga: Der TSV GWD Minden begleitet den Bergischen HC in die HBL, am anderen Ende der Tabelle hat es im denkwürdigsten Abstiegskampf aller Zeiten neben der schon lange als Absteiger feststehenden HSG Konstanz auch den ASV Hamm-Westfalen erwischt. Der VfL Eintracht Hagen spielte in dieser Gemengelage insofern eine Rolle, als das letzte Saisonspiel gegen den ebenfalls noch abstiegsgefährdeten TuS N-Lübbecke nach ausgeglichenen ersten 20 Minuten am Ende völlig verdient mit 25:29 (8:12) verloren ging. Es war die erste Heimniederlage des Jahres 2025 und ein alles andere als guter Abschluss vor 2.087 Zuschauern.


Startaufstellung Eintracht: Pascal Bochmann (TW) - Hakon Styrmisson (LA), Pouya Norouzi (RL), Niclas Pieczkowski (RM), Jan von Boenigk (RR), Pierre Busch (RA), Niklas Pfalzer (KS/Abwehr-Angriff-Wechsel mit Max Granlund)


Eine kurzfristige Änderung hatte es im Kader der Eintracht gegeben. Erstmals seit seiner Fuß-Operation wieder im Kader stand Kim Voss-Fels, für den Linkshänder musste Benedikt Israel pausieren.

Nach einer aufwändigen Choreografie, initiiert von Eintracht-Fanclub „Crocodiles“, der vor wenigen Tagen sein zehnjähriges Bestehen gefeiert hatte, erwischte der Gast den besseren Start. Ein nicht geahndetes siebenmeterreifes Foul gegen Norouzi, Grabensteins Parade gegen Pfalzer - es dauerte fast fünf Minuten, ehe Styrmisson erstmals einnetzte für die Hausherren.

In der Folge entwickelte sich eine häufig zerfahrene Partie mit vielen Wischpausen, geprägt von zwei sehr physisch agierenden Abwehrreihen und zwei Referees, die von Minute eins an ein gehöriges Maß an Unsauberkeiten zuließen - viel zu häufig ohne die entsprechende Ahndung.

Der Gast aus Ostwestfalen, der angesichts seiner prekären Ausgangslage bereits seit Donnerstag in Halle/Westfalen ein Trainingslager bezogen hatte und krankheitsbedingt auf Cheftrainer Piotr Przybecki verzichten musste, stellte wie erwartet eine sehr kompakte Abwehr. Die Eintracht tat es dem TuS zunächst noch gleich, auch deshalb mussten sich beide Teams vorne zunächst jeden Treffer hart erarbeiten. 

Dass der TuS eine 12:8-Führung mit in die Pause nahm, es war speziell darum verdient, weil die Eintracht gegen das Abwehrsystem des Gastes mit fortlaufender Spieldauer überhaupt keine Mittel mehr fand.

Interessant vor den letzten 30 Minuten der Saison: In allen (!) fünf (!) Hallen mit Beteiligung abstiegsgefährdeter Mannschaften führten zu diesem Zeitpunkt die unter Druck stehenden Teams. Im Moment noch Konjunktiv-Spielchen: Wäre jetzt Schluss, müsste der ASV Hamm-Westfalen den bitteren Gang in Liga drei antreten.

Direkt zu Beginn von Halbzeit zwei gingen der Eintracht dann endgültig die Kreisläufer aus. Nachdem Alexander Becker, Joshua Thiele und Tilman Pröhl ohnehin verletzungsbedingt ausgefallen waren, erwischte es 60 Sekunden nach Wiederanpfiff Niklas Pfalzer. Einen Gesichtstreffer gegen Lutz Heiny hatten die Unparteiischen gesehen (Rote Karte/31.).

Die Leistungskurven beider Teams entfernten sich nun immer weiter voneinander. Nettelstedt präsent, hochmotiviert, immer selbstbewusster. Und die Eintracht? - War jetzt auf dem Weg, früh den Anschluss zu verlieren, weil inzwischen neben den offensiven Defiziten auch der defensive Zugriff überhaupt nicht mehr vorhanden war. 11:18 nach noch nicht einmal 40 Minuten, gar 17:27 (52.). Da hatte der stattliche TuS-Anhang auf der Tribüne längst in den Feiermodus geschaltet, während sich die Hagener Fans enttäuscht abwandten.

Und so ging der Blick viele Zuschauer immer häufiger aufs Handy und auf die Live-Ticker aus den anderen Hallen. Der VfL Lübeck-Schwartau und der TSV Bayer Dormagen waren wie auch der TuS N-Lübbecke auf dem besten Weg, mit hohen Führungen den Kopf aus der Abstiegsschlinge zu ziehen. Was macht der ASV Hamm-Westfalen gegen TuSEM Essen? Und vor allem: Gelingt den Eulen Ludwigshafen gegen den Aufstiegsaspiranten TV Hüttenberg ein Heimsieg? Das waren die Kernfragen vor der Crunchtime.

Der ASV Hamm-Westfalen stellte vor ausverkauftem Haus gegen TuSEM Essen die Weichen alsbald auf Sieg, sodass das Interesse am Ende nur noch der Friedrich-Ebert-Halle in Ludwigshafen galt. Dort brauchten die Eulen gegen den TV Hüttenberg einen Sieg, um die Liga zu halten und die Hessen ihrerseits zwei Punkte für den Aufstieg. Am Ende jubelten die Gastgeber. In einer dramatischen Schlussphase sicherten sich die Eulen die Liga und verpasste der TVH den Aufstieg, weil der TSV GWD Minden parallel hauchdünn in Ferndorf gewann. Was für eine Saison. Was für ein Finale. Durchatmen. Runterfahren. Urlaub machen…


Eintracht: Paske (2 Paraden/14 Prozent), Bochmann (7/29) - Öhler (1), Norouzi (4), Alves (1), Pieczkowski (1), Voss-Fels (1), Styrmisson (4/3), Gaubatz, Granlund (1), Pfalzer, Quittmann (4), Jukic (3), Richter, Busch (3), von Boenigk (2)
TuS: Katsigiannis (0/0), Grabenstein (6/20) - Genz (1), Heiny (2), Ebner (3), Petreikis (2), Schulze (1), Severec, Dräger (4), Kontrec (1), Kolodziej (1), Wesseling (4), Skroblien (5), Kloor, Süsser (1), Wieling (5)
Schiedsrichter: Konrad Gimmler/Jannik Rips (Magdeburg/Stendal)
Zeitstrafen: Eintracht 2, TuS 2
Siebenmeter: Eintracht 3/3, TuS 2/2
Zuschauer: 2.087 


Pouya Norouzi (VfL Eintracht Hagen): „Wir müssen zugeben, dass Lübbecke heute besser war. Deshalb meine Glückwünsche zum Klassenerhalt. Wir hatten uns das anders vorgestellt, wollten mit einem guten Ergebnis in die Pause gehen. Aber das ist Sport - manchmal klappt das leider nicht. Ich möchte mich dennoch im Namen der Mannschaft bei den Fans bedanken. Die Saison war nicht einfach. Unsere Fans haben uns in jedem Spiel supportet. Das war unglaublich stark. Wir haben jetzt eine kurze Pause, was auch für den Kopf wichtig ist. Und in der nächsten Saison greifen wir wieder an. Dann wird es besser!“