Immer und immer wieder im Infight: Hagens bester Angreifer, Pouya Norouzi, im "Dreikampf" mit Frieder Bandlow (re.) und Georg Pöhle (li.).

Die Drama-Punkteteilung als das gerechteste Ergebnis

Punktgewinn? Punktverlust? Es gibt Argumente für beide Sichtweisen. Aber vor allem ist das 28:28-Unentschieden der Eintracht gegen die HSG Nordhorn-Lingen vom Freitagabend ein Ergebnis, das der Leistung beider Teams gerecht wird. Handball-Dramatik pur vor 1.165 begeisterten Zuschauern in der Ischelandhalle.


Startaufstellung Eintracht: Pascal Bochmann (TW) - Benedikt Israel (LA), Pouya Norouzi (RL), Niclas Pieczkowski (RM), Jan von Boenigk (RR), André Alves (RA), Tilman Pröhl (KS)


Auf drei Positionen hatte Eintracht-Trainer Pavel Prokopec sein Team im Vergleich zum Hüttenberg-Auswärtsspiel umgebaut. Pascal Bochmann startete im Tor, Benedikt Israel (für Josip Jukic) und André Alves (für Pierre Busch) auf den Außenbahnen.

Nicht unbedingt unerwartet der Umstand, dass beide Teams in unterschiedlichen Abwehrsystemen begannen. Hagen offensiv zunächst mit Niclas Pieczkowski auf der vorgezogenen Position, Nordhorn im gewohnt kompakten 6:0-System.

Allerdings dauerte es ein paar Minuten, bis sich beide Teams defensiv zurechtfanden. Sechs Treffer (3:3) in den ersten zweieinhalb Minuten - es war ein munteres Rauf und Runter vor gut gefüllten Rängen. Beim 6:4 war der Gast erstmals mit zwei Treffern vorne, die Eintracht hielt vor allem in Person des unermüdlich die HSG-Nahtstellen anlaufenden Pouya Norouzi dagegen.

Gleichwohl manifestierte sich allmählich der Eindruck, dass Nordhorn kompakter agierte, gut ins Tempo und auch ein ums andere Mal den Weg über den Kreis (Mika Sajenev) fand. Beim 6:9 (14.) bat Pavel Prokopec so zu ersten Auszeit, wechselte beide Außen und mahnte vor allem einen besseren Rückzug an.

Aber: Nordhorn blieb am Drücker, baute seine Führung aus, während die Eintracht die frühe zweite Zeitstrafe gegen Tilman Pröhl hinnehmen musste. Eine gefährliche Phase für Grün-Gelb (6:11/16.). Die Nordhorner Leichtigkeit und Kompaktheit - sie ging der Eintracht, die sich fast jeden Treffer hart erarbeiten musste, bis dato ab.

Doch die Hausherren stabilisierten sich. Eine höhere HSG-Fehlerquote auf der einen, gedankenschnellere Hagener auf der anderen Seite. Dazu mehrere Bochmann-Paraden. Und eine erfolgreiche Kempa-Co-Produktion zwischen Pierre Busch und Pouya Norouzi - mit einem 4:0-Lauf schaffte die Eintracht den 13:13-Ausgleich, Max Öhler und Josip Jukic verpassten frei vor Kristian van der Merwe gar die 14:13-Führung. In die Pause ging es nach einer bisweilen wilden Schlussphase mit sehr vielen 50:50-Entscheidungen leistungsgerecht 16:16-Unentschieden.

Nach Wiederanpfiff blieb es intensiv. Aber auch zerfahren. Beide Mannschaften taten sich zunehmend schwer, spielerisch Chancen zu kreieren. Immer wieder ging es stattdessen beidseitig in den Infight. Über 18:18, 19:19 und 20:20 setzte sich die inzwischen zu einem reinen Kampfspiel mutierte Partie völlig ausgeglichen fort. Erst beim 20:22 führte Nordhorn wieder mit zwei Treffern. Der unermüdliche Pouya Norouzi mit seinem inzwischen siebten Treffer markierte per Gegenstoß postwendend den 23:23-Ausgleich (45.).

Die Schlussviertelstunde: Was Pouya Norouzi für die Eintracht, war Frieder Bandlow an diesem Abend für den Gast. Viel Tiefe hatte der Rückraumrechte in seinen Aktionen plus effiziente Schlagwürfe. Und die Eintracht? - Versuchte es nach ihrer zweiten Auszeit nach 2-Tore-Rückstand mit zwei Linkshändern (Jan-Lars Gaubatz, Luca Richter) im Rückraum.

Dennoch schlug das Pendel nun wieder in Richtung HSG aus. Sajenevs „Abstaubertor“ zum 23:26 war die erste 3-Tore-Führung seit längerem für den Gast. Sollte da ein Hauch von Vorentscheidung durch die „Ische“ wehen? - Von wegen. Der eingewechselte Maurice Paske im Tor parierte gleich zweimal stark, Gegenstoß Tilman Pröhl. Ausgleich zum 26:26. Knapp acht Minuten noch.

Und es geht weiter Schlag auf Schlag. Rote Karte Tilman Pröhl nach der dritten (und fragwürdigsten) Zeitstrafe, gefolgt von Bandlows Fehlwurf vom Siebenmeterpunkt neben das Tor. Blockstark die Nordhorner Abwehr, die die Eintracht immer wieder ins Zeitspiel zwingt. Auf der Gegenseite die nächste Paske-Parade, diesmal gegen den Ex-Hagener Maximilian Lux.

Das Kampfspiel ist inzwischen auch ein Nervenspiel geworden, das beim 28:28 92 Sekunden vor dem Ende das letzte Teamtimeout des Abends sieht, das dem Gast gehört. Nach Sajenevs glockenfreiem „Lattenkracher“ hat die Eintracht noch 60 Sekunden Zeit. Der wichtigste Angriff des Abends. Die Eintracht im Zeitspiel. Timeout durch die Referees zwölf Sekunden vor dem Ende. Luka Sokolic kassiert einigermaßen unnötig wegen eines Abstandsvergehens eine Zeitstrafe. Damit ist das passive Vorwarnzeichen aufgehoben, die Eintracht hat noch zehn Sekunden Zeit. Doch Pouya Norouzis finaler Wurf streicht hauchzart am linken Pfosten des HSG-Tores vorbei. Abpfiff. Durchatmen. Beifall für beide Mannschaften.


Eintracht: Paske (3 Paraden/60 Prozent), Bochmann (7/22) - Öhler (2), Norouzi (8), Pröhl (2), Alves (2), Pieczkowski, Israel (3), Gaubatz, Granlund, Quittmann, Thiele (1), Jukic (2), Richter (4/4), Busch (2), von Boenigk (2)
HSG: van der Merwe (13/33/1 Tor), Budalic - Bandlow (9/3), Jaeger (2), Stricker, Lux (4), Marschall, Sajenev (4), Visser, Ruddat, Sokolic, Erlingsson (4), Zintel (2), Pöhle (1), Bauer (1)
Schiedsrichter: Leon Bärmann/Nico Bärmann (Graben-Neudorf)
Zeitstrafen: Eintracht 4 plus Rote Karte gegen Pröhl (53.) nach der dritten Zeitstrafe, HSG 5
Siebenmeter: Eintracht 4/4, HSG 4/5 (verworfen: Bandlow)
Zuschauer: 1.165


Luca Richter (vierfacher Siebenmetertorschütze der Eintracht): „Wir kommen sehr schlecht rein, haben Probleme im Rückzug, gerade auch deshalb, weil wir im Angriff die Rückraumwürfe nehmen, die wir eigentlich nicht nehmen wollten. Wir kämpfen uns dann aber gut zurück. Am Ende muss Pouya den Wurf nehmen, es ist ein guter Wurf. Der nächste geht rein. Ich sehe das im Abstiegskampf eher als gewonnenen Punkt, weil eben jeder Punkt zählt in der jetzigen Situation. Bei meinen Siebenmetern war ich schon aufgeregter als sonst. Aber die Mannschaft steht voll hinter mir und gibt mir das nötige Selbstbewusstsein.“ 


Hier geht's zur Pressekonferenz mit den beiden Trainern Mark Bult (HSG) und Pavel Prokopec (Eintracht). In Fragelaune: Moderator Dirk Müller.