Stefan Neff: "Man wird uns anders wahrnehmen"

Die Eintracht steht in den Startlöchern: Am Freitagabend wird ab 19.30 Uhr in der heimischen Krollmann-Arena die Zweitliga-Saison 2022/23 eröffnet - und das direkt gegen den Top-Favoriten der Runde, Bundesliga-Absteiger TuS N-Lübbecke. Im Interview der Woche schaut Eintracht-Trainer Stefan Neff natürlich auch auf dieses Spiel. Aber nicht nur.

Stefan Neff, in gut 48 Stunden geht es wieder um Meisterschaftspunkte: Wie groß ist das Kribbeln und wie fällt Dein Fazit der Vorbereitung aus?
Stefan Neff: "Klar, das Kribbeln steigt von Tag zu Tag - vor allem natürlich auch, weil wir direkt gegen einen Bundesliga-Absteiger starten und ein Stück weit Bundesliga-Flair in unsere Halle bekommen. Das Fazit für die Vorbereitung ist absolut durchwachsen. Wir hatten mit Lemgo II, Zaporizhzhia und mit Abstrichen Volmetal sicherlich gute Auftritte, aber wir da waren auch beide Ferndorf-Spiele und zuletzt das Pokalspiel, die nicht so gut gelaufen sind. Wir haben ganz sicher noch Luft nach oben. Aber das ist bei einer kurzen Vorbereitungszeit gar nicht so tragisch, zumal wir einige Neuzugänge einzubauen hatten. Fazit also: durchwachsen, aber nicht besorgniserregend."

Das Pokalspiel in Vinnhorst ist ja nicht nach Wunsch verlaufen: Wie arbeitest Du mit den Jungs solch eine Niederlage auf? Und ab wann richtet sich der Blick nur noch nach vorne?
Stefan Neff: "Das Pokalspiel stimmte weder ergebnistechnisch noch sportlich. Wir arbeiten das natürlich mit einer Video-Analyse auf, gehen aber auch mit der Mannschaft härter ins Gericht, weil wir nicht die Gegenwehr an den Tag gelegt haben, wie wir uns das vorgenommen hatten. Man merkt einfach, dass durch den Umstand, dass aus der 3. Liga nur noch zwei Mannschaften aufsteigen, die Ballung sehr guter Mannschaften an der Spitze der 3. Liga zunimmt. Der TuS Vinnhorst gehört absolut dazu, dennoch war es unser Anspruch, eine Runde weiterzukommen. Das haben wir nicht geschafft. Nichtsdestotrotz geht der Blick immer nach vorne. In der Vergangenheit kann man nichts mehr verändern, das geht nur in der Zukunft. Das ist die Aufgabe, die wir haben, und ich glaube, dass wir einen guten Weg gefunden haben. Vielleicht hat die Mannschaft sich auch zu viel Druck gemacht in diesem Spiel. Den nehmen wir jetzt mal raus und schauen voller Vorfreude auf den Freitag."

Es ist eine Formulierung mit Phrasenschwein-Garantie: Das zweite Jahr in der neuen Liga ist für einen Aufsteiger immer das schwerste. Gilt das auch für die Eintracht?
Stefan Neff: "Ja, das zweite Jahr ist das schwerste - ja, das gilt auch für den VfL Eintracht Hagen. Man kennt uns inzwischen, wir sind nicht mehr der Aufsteiger, sondern der Tabellensiebte der Vorsaison, der individuell noch einmal gut nachgelegt hat. Man wird uns anders wahrnehmen, davon bin ich fest überzeugt. Das macht es grundsätzlich nicht leichter. Wir schauen gar nicht weit, was unsere Ziele angeht. Wir wollen das in Etappen angehen. Wir haben im September direkt ein brutal schweres Programm und wollen dafür sorgen, dass wir Punkte holen, uns zurechtfinden und noch weiter zusammenwachsen. Eins haben wir im letzten Jahr auch gelernt: Man kann heute noch nicht bis zum 38. Spieltag schauen. Der Weg ist so weit, da kann so viel passieren. Deshalb ist die Fokussierung auf Teilziele beschränkt. Da legen wir unsere ganze Kraft rein."

Du bist zusammen mit HaPe Müller für akribische Gegner-Analyse bekannt. Wo liegen die Stärken unseres Gegners TuS N-Lübbecke und wo möglicherweise die Schwächen?
Stefan Neff: "Der TuS hatte schon in der 1. Liga, damals noch unter Emir Kurtagic, den Fokus auf die Abwehr gelegt. Sie stehen sehr stabil und können robust zu Werke gehen. Jetzt unter dem neuen Trainer Michael Haaß hat sich auch die Spielfreude weiterentwickelt. Sie kreuzen sehr viel, haben ein überragendes Kreisläuferspiel, können bis zu den Außen abräumen und sind einfach von jeder Position gefährlich."

Wenn Du Dir die Liga insgesamt anschaust: Täuscht der Eindruck oder ist die stärkste 2. Liga der Welt noch einmal besser und ausgeglichener geworden?
Stefan Neff: "Mein Gefühl sagt mir das auch, dass es immer ausgeglichener wird. Einen Grund habe ich eben schon genannt: Wer aus der 3. Liga hochkommt, ist sofort für gute Mittelfeldplätze oder sogar mehr gut. Potsdam ist ein super-starker Aufsteiger, Konstanz zu Hause eine Macht. Da kommt richtig Qualität hoch. Andere Mannschaften wie Bietigheim, Dresden etc. rüsten auch immer weiter auf. Das ist in jedem Spiel ein hartes Duell mit einem guten Gegner."

Und wen siehst Du am Ende des Tages bzw. der Saison ganz oben?
Stefan Neff: "Ich habe es ja schon angedeutet: Nettelstedt-Lübbecke ist für mich der eine Top-Favorit der Liga. Mit Nikolas Katsigiannis im Tor, Tom Skroblien ist ein Super-Linksaußen - da könnte ich noch viele, viele mehr nennen. Das ist geballte Qualität und daher mit Abstand der Top-Favorit."

Abschließend: Wenn Du drei Wünsche für die kommende Saison frei hättest, welche wären das?
Stefan Neff: "Immer ganz oben steht bei mir die Gesundheit aller Beteiligten. Ich wünsche mir, dass alle Hagener Handballer und alle Handball-Freunde in allen Belangen gesund durch die Saison kommen. Der zweite Wunsch wäre, dass wir jedes Spiel gewinnen. Und drittens: Dass schon im Verlauf dieser Saison die Bagger anrollen und der Bau unserer neuen Halle beginnt..."

Stefan, vielen Dank für das Gespräch!