Grenzenloser Jubel bei der Eintracht nach dem Schlusspfiff in Würzburg. Binnen 22 Minuten verwandelten die Grün-Gelben einen 10-Tore-Rückstand in eine Führung.

Das Wechselbad der Gefühle in Reinkultur

Es gab wahrscheinlich nicht wenige Fans des VfL Eintracht Hagen, die am frühen Sonntagabend gegen 17.35 Uhr frustriert umgeschaltet haben von der sportdeutschland.tv-Übertragung aus Würzburg zum Endspiel der Fußball-WM ins Lusail Stadium nach Katar. Wo es letztlich allerdings spektakulärer zuging - schwer zu sagen...

Auch der Abstand einer Nacht hatte bei Eintracht-Trainer Stefan Neff noch nicht für vollständige emotionale Distanz zum 33:31-Sieg seiner Mannschaft gesorgt. Wie auch? - Nach 23 Minuten lag die Eintracht beim Tabellenletzten Wölfe Würzburg mit sage und schreibe 5:15 zurück, vier Minuten später hieß es aus Eintracht-Sicht 7:17. Es drohte ein Debakel historischen Ausmaßes.

Und dann? - "Ich bin in der Pause ganz ruhig geblieben", gewährte der Coach, der schon in der ersten Halbzeit durch etliche Umstellungen versucht hatte, der Partie nach ausgeglichener Startphase eine andere Richtung zu geben, Einblick ins Kabinen-Innenleben. Ein Appell an die Ehre sei seine Halbzeitansprache gewesen, so Neff. "Der große Druck war weg, denn wer rechnet damit, dass man so ein Spiel noch dreht?"

Obgleich: Der 4:1-Lauf der Eintracht kurz vor der Pause als die beiden späteren Matchwinner Josip Jukic (3) und Pierre Busch (1) die Eintracht noch auf 11:18 herangebracht hatten, ließ einen minimalen Funken Resthoffnung glimmen. "Jede Viertelstunde mit vier Toren Vorsprung gewinnen" - das war denn auch die Rechnung, die Stefan Neff in der Pause aufmachte.

Und es gelang. Die Uhr in der tectake-Arena Würzburg zeigte 46:09 Minuten an, da hatte Josip Jukic auf 25:24 für die Eintracht gestellt. Aus einem 10-Tore-Rückstand war binnen 22 Minuten eine Führung geworden. "Nein, ich glaube, das habe ich in meiner Karriere so noch nicht erlebt", freute sich Neff über seine junge Flügelzange Jukic/Busch (19 Treffer bei 20 Versuchen) ebenso wie über den sich steigernden Torhüter Maurice Paske und seine im Kollektiv famos fightenden Vorderleute, die allesamt den Grundstein für das letztlich spielentscheidende, nun hocheffiziente Gegenstoßspiel der Eintracht legten.

Dass bei aller Freude über den 35-minütigen Husarenritt die katastrophalen 20, 25 Minuten aus Halbzeit eins nicht unerwähnt bleiben dürfen - für den Coach eine Selbstverständlichkeit. So gut wie nichts passte zusammen, die Fehlerketten wurden mit jeder Minute länger. Nicht nur, aber gewiss auch das Resultat einer Trainingswoche, in der die Eintracht aufgrund der bekannten gesundheitlichen Probleme nie mehr als sieben, acht zum Teil wechselnde Akteure in der Halle hatte.

"Halbzeit eins war ein 'No go', die zweite Hälfte hat mich unheimlich stolz gemacht auf die Jungs. Es hat gezeigt, dass die Truppe absolut intakt ist", bilanzierte Stefan Neff nach einem beispiellosen Abend, der vor dem "Boxing Day" am 2. Weihnachtsfeiertag gegen Tabellenführer HBW Balingen-Weilstetten (16 Uhr, Krollmann-Arena) viel Druck von den Grün-Gelben genommen hat. Bevor es in die WM-Pause geht, soll der Liga-Primus geärgert werden. Im Rücken mit dem Gefühl, dass im Handball vieles möglich ist. Auch, wenn die äußeren Umstände bisweilen etwas anderes suggerieren...